Hiob 14
Textbibel 1899
1Der Mensch, vom Weibe geboren, kurz von Tagen und gesättigt mit Unruhe, -

2wie eine Blume geht er auf und welkt dahin, flieht wie der Schatten und hat nicht Bestand.

3Und über solchen hältst du deine Augen offen und mich ziehst du vor dein Gericht!

4Wie könnte wohl ein Reiner von Unreinen kommen? Nicht einer!

5Wenn seine Tage fest bestimmt sind, die Zahl seiner Monde feststeht bei dir, du ihm ein Ziel gesetzt hast, das er nicht überschreiten kann,

6so blicke weg von ihm, daß er raste und wie ein Löhner seines Tages froh werde!

7Denn für den Baum zwar giebt's ein Hoffen: wird er abgehauen, so treibt er neue Sprossen, und sein Schößling bleibt nicht aus.

8Ob auch seine Wurzel in der Erde altert, und sein Stumpf im Staube abstirbt,

9vom Duft des Wassers schlägt er wieder aus und treibt Zweige wie ein frisch gepflanztes Reis.

10Doch stirbt ein Mann, so liegt er hingestreckt, verscheidet ein Mensch - wo ist er dann?

11Wie die Gewässer schwinden aus dem See, der Strom versiegt und vertrocknet,

12so legt der Mensch sich nieder und steht nicht wieder auf; bis der Himmel vergeht, erwachen sie nicht und regen sich nicht aus ihrem Schlaf.

13O daß du mich in der Unterwelt verwahrtest, mich bärgest, bis dein Zorn sich gelegt, ein Ziel mir setztest und dann mein gedächtest! -

14Wenn der Mensch stirbt, lebt er dann wieder auf? Dann wollte ich alle meine Kampfestage ausharren, bis meine Ablösung käme!

15Du würdest rufen, und ich dir antworten; nach deiner Hände Werk würdest du dich sehnen.

16Jetzt aber zählst du meine Schritte, gehst an meiner Sünde nicht vorüber.

17Versiegelt ruht ihm Beutel mein Vergehen, und meine Schuld verklebtest du.

18Aber wie der Berg im Sturze zerfällt, und der Fels von seiner Stelle rückt,

19wie das Wasser Steine zerreibt, und seine Fluten das Erdreich fortschwemmen, so hast du des Menschen Hoffen vernichtet.

20Du vergewaltigst ihn für immer, und er geht dahin, entstellst sein Antlitz und lässest ihn dahinfahren.

21Kommen seine Kinder zu Ehren - er weiß es nicht, sinken sie herab - er hat nicht acht auf sie.

22Nur über ihn selbst fühlt Schmerz sein Leib, und über ihn selbst trauert seine Seele!

Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899

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Job 13
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