Amos 5
Textbibel 1899
1Hört diesen Spruch, den ich als Totenklage über euch anhebe, ihr Israeliten!

2Gefallen ist, nicht kann wieder aufstehen die Jungfrau Israel! Sie ist auf ihr Land niedergeworfen, keiner richtet sie auf!

3Denn so spricht der Herr Jahwe: Die Stadt, die tausend Krieger stellt, wird hundert übrig behalten, und die, die hundert stellt, wird zehn übrig behalten im Reiche Israel.

4Denn so spricht Jahwe zum Reiche Israel: Fragt nach mir, damit ihr am Leben bleibt!

5Aber fragt nicht nach Bethel! Gilgal sollt ihr nicht besuchen und nach Beerseba nicht hinüberziehen! Denn Gilgal muß in die Gefangenschaft wandern, und Bethel soll zu nichte werden.

6Fragt nach Jahwe, damit ihr am Leben bleibt! Sonst wird er wie Feuer den Stamm Joseph überfallen und ihn verzehren, ohne daß ein Löscher für Bethel ersteht, -

7Sie, die das Recht in Wermut verkehren und gerechte Sache zu Boden werfen,

8er, der das Siebengestirn und den Orion geschaffen hat, der tiefe Nacht in Morgen wandelt und den Tag zur Nacht verfinstert, der die Wasser des Meers herbeirief und über die Erdfläche hin sich ergießen ließ: Jahwe ist sein Name!

9Er läßt Verwüstung aufleuchten über Starke und Verwüstung, die über Festungen kommt.

10sie hassen den, der im Thore für das Recht eintritt, und verabscheuen den, der die Wahrheit redet.

11Darum, weil ihr die Geringen niedertretet und Geschenke an Korn von ihnen nehmt, sollt ihr wohl Häuser aus Quadersteinen bauen, aber nicht darin wohnen, sollt ihr wohl köstliche Weinberge anlegen, aber keinen Wein von ihnen trinken.

12Denn ich weiß wohl: zahlreich sind eure Schandthaten und eurer Sünden gar viel! Ihr bedrängt die Unschuldigen, nehmt Bestechung an und beugt das Recht der Dürftigen im Thor.

13Darum schweigt der Kluge in solcher Zeit, denn es ist eine böse Zeit.

14Fragt nach dem Guten und nicht nach dem Bösen, damit ihr am Leben bleibt! Dann erst würde Jahwe, der Gott der Heerscharen, mit euch sein, wie ihr gesagt habt.

15Haßt das Böse und liebt das Gute; richtet das Recht im Thor auf! Vielleicht wird sich dann Jahwe, der Gott der Heerscharen, des Restes Josephs erbarmen!

16Darum spricht Jahwe, der Gott der Heerscharen, der Herr, also: Auf allen Plätzen soll Wehklagen herrschen, und in allen Straßen soll man rufen: o weh! o weh! Die Bauern sollen die Klagekundigen zum Trauern und Wehklagen aufrufen,

17und in allen Weinbergen soll Wehklagen herrschen, wenn ich mitten durch euch dahinschreiten werde, spricht Jahwe.

18Wehe denen, die sich den Tag Jahwes herbeiwünschen! Was soll euch doch der Tag Jahwes? Er ist ja Finsternis, nicht Licht! -

19wie wenn jemand, der einem Löwen entflieht, von einem Bären gestellt wird und, wenn er endlich nach Hause gelangt ist und sich mit der Hand gegen die Wand lehnt, von einer Schlange gebissen wird.

20Ja! Finsternis ist der Tag Jahwes und nicht Licht, dunkel und glanzlos!

21Ich hasse, ich verachte eure Feste und mag nicht riechen eure Festversammlungen.

22Wenn ihr mir Brandopfer und eure Gaben darbringt, so nehme ich's nicht gnädig auf, und wenn ihr mir ein Heilsopfer von euren Mastkälbern herrichtet, so sehe ich nicht hin.

23Hinweg von mir mit dem Geplärre deiner Lieder; das Rauschen deiner Harfen mag ich nicht hören!

24Möge vielmehr Recht sprudeln wie Wasser, und Gerechtigkeit wie ein nimmer versiegender Bach!

25Brachtet ihr mir etwa in der Steppe vierzig Jahre hindurch Schlachtopfer und Gaben dar, ihr Israeliten? 26So sollt ihr denn nun den Sikkut, euren König, und den Stern eures Gottes, den Kewan, eure Bilder, die ihr euch gemacht habt, auf den Nacken nehmen, 27und ich will euch bis über Damaskus hinaus in die Verbannung führen, spricht Jahwe - Gott der Heerscharen ist sein Name!

Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899

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