Matthaeus 21
Textbibel 1899
1Und als sie sich Jerusalem näherten und nach Bethphage kamen an den Oelberg, hierauf sandte Jesus zwei Jünger ab 2und sagte zu ihnen: gehet in das Dorf euch gegenüber, so werdet ihr sogleich eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr, die bindet los und bringt sie mir. 3Und wenn jemand etwas zu euch sagt, so saget: der Herr bedarf ihrer, so wird er sie alsbald ziehen lassen. 4Dies geschah aber, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch das Wort des Propheten:

5Saget der Tochter Sion: siehe, dein König kommt zu dir sanftmüthig und reitend auf einem Esel und einem Füllen, dem Sprößling des Saumthieres.

6Die Jünger aber, nachdem sie hingegangen und gethan, wie ihnen der Herr befohlen, 7brachten die Eselin und das Füllen, und legten die Kleider darauf, und er setzte sich auf dieselben. 8Viele von der Menge aber breiteten ihre Kleider auf den Weg, andere aber hieben Zweige von den Bäumen und breiteten sie auf den Weg.

9Die Massen aber, die ihm vorausgiengen, und die nachfolgten, riefen: Hosianna dem Sohn Davids, gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn, Hosianna in der Höhe.

10Und als er in Jerusalem einzog, kam die ganze Stadt in Bewegung, und es hieß: wer ist das? 11Die Massen aber sagten: das ist der Prophet Jesus, der von Nazaret in Galiläa.

12Und Jesus trat in den Tempel und trieb alle, die im Tempel verkauften und kauften, hinaus, und warf die Tische der Wechsler um, sowie die Bänke der Taubenverkäufer, 13und sagt zu ihnen: es steht geschrieben: mein Haus soll ein Bethaus heißen, ihr aber macht es zu einer Räuberhöhle.

14Und es kamen zu ihm Blinde und Lahme im Tempel, und er heilte sie. 15Als aber die Hohenpriester und die Schriftgelehrten seine wunderbaren Thaten sahen, und wie die Kinder im Tempel riefen: Hosianna dem Sohn Davids, wurden sie unwillig 16und sagten zu ihm: hörst du, was diese sagen? Jesus aber sagt zu ihnen: ja. Habt ihr noch nie gelesen: aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet? 17Und er verließ sie und gieng zur Stadt hinaus nach Bethania, und übernachtete daselbst.

18Da er aber des Morgens frühe in die Stadt zurückkehrte, hungerte ihn. 19Und er sah einen Feigenbaum am Wege, und trat zu demselben hin, und fand nichts als Blätter an ihm und sprach zu ihm: Nie mehr soll auf dir Frucht wachsen in Ewigkeit. Und plötzlich verdorrte der Feigenbaum.

20Und da es die Jünger sahen, wunderten sie sich und sagten: wie ist der Feigenbaum so plötzlich verdorrt? 21Jesus aber antwortete ihnen: Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr Glauben habt und zweifelt nicht, so könnt ihr nicht nur das mit dem Feigenbaum machen, sondern ihr möget auch zu diesem Berg sagen: hebe dich weg und stürze dich ins Meer, so wird es geschehen; 22und alles, was ihr im Gebete gläubig verlangt, sollt ihr empfangen.

23Und da er in den Tempel kam, traten die Hohenpriester und die Aeltesten des Volkes zu ihm, während er lehrte, und sagten: in welcher Vollmacht thust du das? und wer hat dir diese Vollmacht gegeben? 24Jesus aber antwortete ihnen: ich will euch auch ein Wort fragen; sagt ihr mir das, so will ich euch auch sagen, in welcher Vollmacht ich dieses thue: 25Woher war die Taufe des Johannes? vom Himmel oder von Menschen? Sie aber überlegten bei sich selbst: sagen wir: vom Himmel, so sagt er uns: warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt? 26Sagen wir aber: von Menschen, so haben wir die Menge zu fürchten; denn sie hielten alle an Johannes als einem Propheten. 27Und sie antworteten Jesus: wir wissen es nicht. Sagte auch er zu ihnen: so sage ich euch auch nicht, in welcher Vollmacht ich dieses thue.

28Was dünkt euch aber? Ein Mensch hatte zwei Kinder. Er kam zum ersten und sagte: Kind, gehe heute hin und arbeite im Weinberg. 29Er aber antwortete: ja, Herr, und gieng nicht hin. 30Er gieng aber zum andern und sprach ebenso zu ihm. Der aber antwortete: ich mag nicht. Nachher reute es ihn, und er gieng hin. 31Welcher von den zwei hat den Willen des Vaters gethan? Sagen sie: der zweite. Sagt Jesus zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch, die Zöllner und die Dirnen kommen vor euch in das Reich Gottes. 32Denn Johannes kam zu euch mit der Anweisung zur Gerechtigkeit, und ihr glaubtet ihm nicht; die Zöllner aber und die Dirnen glaubten ihm. Ihr aber sahet es und ließet es euch auch nachher nicht reuen, daß ihr ihm geglaubt hättet.

33Vernehmet ein anderes Gleichnis: Es war ein Hausherr, der pflanzte einen Weinberg, und setzte einen Zaun darum, und grub eine Kelter darin, und baute einen Turm. Und verdingte ihn an Weingärtner, und zog außer Lands. 34Da aber die Zeit der Ernte nahte, sandte er seine Knechte an die Weingärtner, um seinen Ertrag in Empfang zu nehmen. 35Und die Weingärtner nahmen seine Knechte, und den einen schlugen sie, den anderen töteten sie, den dritten steinigten sie. 36Wiederum sandte er andere Knechte, mehr als das erstemal, und sie thaten ihnen ebenso. 37Zuletzt aber sandte er seinen Sohn zu ihnen und dachte: vor meinem Sohn werden sie sich scheuen. 38Die Weingärtner aber, wie sie den Sohn sahen, sprachen sie bei sich: das ist der Erbe: kommt laßt uns ihn töten und sein Erbe an uns ziehen. 39Und sie nahmen ihn und schafften ihn hinaus aus dem Weinberg und töteten ihn. 40Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt, was wird er diesen Weingärtnern thun? 41Sagen sie zu ihm: er wird die Uebelthäter übel umbringen, und den Weinberg wird er andern Weingärtnern geben, die ihm den Ertrag abliefern zu seiner Zeit.

42Sagt Jesus zu ihnen: habt ihr noch nie gelesen in den Schriften: der Stein, den die Bauleute verwarfen, der ist zum Eckstein geworden; vom Herrn ist er gekommen, und wunderbar ist er in unseren Augen?

43Darum sage ich euch: das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volke gegeben werden, das die Früchte desselben bringt. 44Und wer auf diesen Stein fällt, wird zerschellen. Auf wen aber der Stein fällt, den wird er zermalmen.

45Und da die Hohenpriester und die Pharisäer seine Gleichnisse hörten, da erkannten sie, daß er sie meine, 46und sie trachteten ihn zu greifen, aber sie fürchteten die Massen, weil sie ihn als einen Propheten hielten.

Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899

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