Lukas 11
Textbibel 1899
1Und es geschah, da er an einem Orte war und betete, als er aufhörte, sagte einer von seinen Jüngern zu ihm, Herr, lehre uns beten, so wie auch Johannes seine Schüler gelehrt hat.

2Er sagte aber zu ihnen: wenn ihr betet, so sprechet: Vater, geheiligt werde dein Name. Es komme dein Reich.

3Unser nötiges Brot gib uns täglich.

4Und vergib uns unsere Sünden; denn auch wir vergeben jedem der uns schuldig ist. Und führe uns nicht in Versuchung.

5Und er sagte zu ihnen: wer von euch hätte einen Freund und käme zu ihm um Mitternacht, und spräche zu ihm: Freund, leihe mir drei Brote, 6denn ein Freund von mir ist von der Reise zu mir gekommen und ich habe ihm nichts vorzusetzen; 7und jener sollte von drinnen heraus antworten: mache mir keine Umstände; die Thüre ist schon geschlossen, meine Kinder liegen bei mir im Bett; ich kann nicht aufstehen und es dir geben? 8Ich sage euch, wenn er auch nicht aufsteht und gibt es ihm, weil es sein Freund ist, so steht er auf wegen seiner Zudringlichkeit, und gibt ihm so viel er braucht.

9Und ich sage euch: Bittet so wird euch gegeben werden. Suchet so werdet ihr finden. Klopfet an, so wird euch aufgethan werden. 10Denn wer da bittet, der empfängt, und wer da suchet, der findet, und wer da anklopft, dem wird aufgethan werden. 11Wo aber ist ein Vater unter euch, der seinem Sohn, wenn er ihn um einen Fisch bittet, statt eines Fisches eine Schlange gäbe? 12oder wenn er um ein Ei bittet, ihm einen Skorpion gäbe? 13Wenn nun ihr, die ihr böse seid, verstehet euren Kindern gute Gaben zu geben, wie viel mehr wird der Vater vom Himmel heiligen Geist geben denen, die ihn bitten?

14Und er trieb einen stummen Dämon aus; es geschah aber, als der Dämon ausgefahren, sprach der Stumme. 15Und die Massen verwunderten sich. Einige von ihnen aber sagten: mit Beelzebul dem obersten der Dämonen, treibt er die Dämonen aus. 16Andere aber wollten ihn versuchen und forderten ein Zeichen vom Himmel von ihm. 17Da er aber ihre Gedanken wußte, sagte er zu ihnen: Jedes Reich, wenn es in sich selbst gespalten ist, wird verwüstet, Haus fällt auf Haus. 18Wenn nun auch der Satan in sich selbst gespalten ist, wie soll sein Reich bestehen? weil ihr saget: ich treibe die Dämonen aus mit Beelzebul. 19Wenn aber ich mit Beelzebul die Dämonen austreibe, mit wem treiben dann eure Leute aus? Darum werden sie selbst eure Richter sein. 20Wenn ich aber mit Gottes Finger die Dämonen austreibe, so ist ja das Reich Gottes schon über euch gekommen. 21Wenn der Starke wohl bewaffnet seinen Hof bewacht, so ist sein Eigentum in Sicherheit. 22Wenn aber ein stärkerer als er darüber kommt und ihn besiegt, so nimmt er ihm seine Rüstung, auf welche er sich verlassen hatte, und verteilt seine Beute. 23Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreuet.

24Wenn der unreine Geist ausgeht vom Menschen, so zieht er durch wasserlose Stätten, Ruhe zu suchen, und da er sie nicht findet, sagt er: ich will in mein Haus zurückkehren, von wo ich ausgegangen bin. 25Und wenn er kommt, findet er es gescheuert und geschmückt. 26Hierauf geht er hin und nimmt sieben andere Geister dazu, die schlimmer sind als er, und sie ziehen ein und wohnen daselbst, und es wird zum letzten schlimmer bei dem Menschen als zum ersten.

27Es geschah aber, während er dieses sprach, erhob eine Frau aus der Menge ihre Stimme und sprach zu ihm: selig der Leib, welcher dich getragen und die Brüste, an denen du gesogen. 28Er aber sprach: ja doch, selig, die das Wort Gottes hören und bewahren.

29Da aber die Massen versammelt waren, begann er zu sprechen: dieses Geschlecht ist ein böses Geschlecht, es fordert ein Zeichen und es soll ihm keines gegeben werden, als das Zeichen Jonas. 30Denn wie Jonas für die Niniviten zum Zeichen wurde, so wird es der Sohn des Menschen sein für dieses Geschlecht. 31Die Königin des Südens wird sich erheben im Gerichte neben den Männern dieses Geschlechtes und wird sie verdammen; denn sie kam vom Ende der Erde zu hören die Weisheit Salomos, und siehe hier ist mehr denn Salomo. 32Die Männer Ninives werden aufstehen im Gerichte neben diesem Geschlecht, und werden es verdammen. Denn sie haben Buße gethan auf die Predigt Jonas, und siehe, hier ist mehr denn Jonas.

33Niemand, wenn er ein Licht anzündet, setzt es in einen Winkel, noch unter das Hohlmaß, sondern auf den Leuchter, damit die Eintretenden den Schein sehen. 34Das Licht des Leibes ist dein Auge. So lange dein Auge richtig ist, so hat auch dein ganzer Leib hell; wenn es aber nichts taugt, so hat auch dein Leib finster. 35So gibt wohl Acht, daß nicht das innere Licht in dir finster ist. 36Ist dann dein ganzer Leib hell, und nichts finsteres daran, so wird das eine Helle sein so völlig, wie wenn dich der Leuchter mit seinem Strahl bescheint.

37Während er aber sprach, bat ihn ein Pharisäer, bei ihm zu frühstücken: er aber trat ein und setzte sich. 38Der Pharisäer aber sah mit Verwunderung, daß er das Waschen vor dem Frühstück unterließ. 39Der Herr aber sprach zu ihm: Ja ihr Pharisäer, ihr reinigt das Auswendige am Becher und an der Schüssel, was ihr aber inwendig habt, ist voll Raub und Bosheit. 40Ihr Thoren, hat nicht derselbe, der das Auswendige, auch das Inwendige gemacht? 41Gebet nur das, was drinnen ist, als Almosen, siehe so habt ihr alles rein.

42Aber wehe euch den Pharisäern, daß ihr verzehntet Münze und Raute und jedes Kraut, und gehet vorbei am Recht und der Liebe Gottes; dieses galt es thun und jenes nicht lassen. 43Wehe euch den Pharisäern, daß ihr liebt die Vordersitze in den Synagogen, und Begrüßungen auf den Märkten. 44Wehe euch, daß ihr seid wie die unkenntlichen Gräber, da die Leute darüber hingehen und wissen es nicht.

45Es antwortete ihm aber einer von den Gesetzesmännern: Meister, mit diesen Reden beschimpfst du auch uns. 46Er aber sprach: Auch euch, den Gesetzesmännern wehe, daß ihr belastet die Menschen mit schwer zu tragenden Lasten, und selbst tupft ihr die Lasten nicht mit einem eurer Finger an. 47Wehe euch, daß ihr bauet den Propheten die Grabdenkmale, eure Väter aber waren es, die sie getötet. 48So seid ihr also Zeugen für die Taten eurer Väter und beweiset euer Wohlgefallen daran, denn jene haben sie getötet, ihr aber bauet. 49(Darum hat auch die Weisheit Gottes gesagt: ich werde zu ihnen senden Propheten und Apostel, und sie werden von ihnen töten und verfolgen; 50auf daß heimgefordert werde das Blut aller Propheten, das vergossen ist von Grundlegung der Welt bis auf dieses Geschlecht, 51von dem Blute Abels bis zum Blute Zacharias, der umkam zwischen Altar und Wand. Ja ich sage euch, es wird heimgefordert werden an diesem Geschlecht.) 52Wehe euch den Gesetzesmännern, daß ihr den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen habt; ihr seid selbst nicht hineingekommen und habt gehindert, die hineingehen wollten.

53Und als er von dort herauskam, paßten ihm die Schriftgelehrten und die Pharisäer von da an scharf auf und fragten ihn aus über dies und das, 54um ihm mit Hinterlist etwas aus dem Mund zu locken.

Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899

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